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Autokauf auf Islamisch

Veröffentlicht am 12. Juni 2015 um 14:32 von Julika Bickel

Unternehmensberater Mohammad Zaid El-Mogaddedi über die Prinzipien des Islamic Banking

Warum nicht ein Autokauf nach islamischen Prinzipien?

Stellen Sie sich vor, Sie wollen ein Auto kaufen. Einen richtig schicken Neuwagen. Tja, aber Ihr Geld reicht nicht. Was also tun? Die Lösung: Ein Kauf auf Raten. Also auf zur Bank und einen Kredit aufnehmen! Oder doch nicht? Warum nicht ein Ratenkauf nach islamischen Prinzipien?

Der Begriff „Islamic Banking“ hört sich erstmal so an, als sei das ein Modell, das sich ausschließlich an Muslime richtet. Das stimmt aber nicht: Das islamische Finanzkonzept ist auch für Nicht-Muslime interessant. Denn bei Islamic Finance geht es nicht um Religiosität, sondern um ethische Prinzipien des Geldverkehrs.

Mohammad Zaid El-Mogaddedi ist der Gründer und Inhaber der einzigen Islamic Finance Unternehmensberatung im deutschsprachigen Raum. Er erklärt das islamische Geldgeschäft gerne anhand eines Autokaufs: Eine klassische Kreditvergabe gibt es beim Islamic Banking nicht. Stattdessen würde die islamische Bank das Auto für den Kunden kaufen und ein wenig teurer an ihn weiterverkaufen. Bezahlen muss er nicht sofort, sondern innerhalb einer bestimmten Laufzeit.

El-Mogaddedi fasst zusammen: „1. Sie haben keinen Darlehensvertrag, sondern einen Kaufvertrag. 2. Sie haben eine realwirtschaftliche Transaktion gemacht. Die Bank hat gekauft und an Sie weiterverkauft. 3. Sie haben eine Gewinnmarge für die Bank erzielt. Diese enthält natürlich eine Zinskomponente, die allerdings auf eine reale wirtschaftliche Transaktion und nicht auf den Austausch von nominalen Geldbeträgen bezogen ist.“

Ein anderes Modell wäre eine Art Joint Venture oder Partnerschaft, wenn zum Beispiel jemand ein Unternehmen gründen möchte. In diesem Fall würden sich der Unternehmer und die Bank die Erträge, die sich aus diesem Geschäft ergeben, untereinander aufteilen. Anders als beim konventionellen Finanzsystem, beteiligt sich die islamische Bank bei allen Geschäften immer am Risiko.

Das islamische Wirtschaftsdenken beruht auf klaren religiösen Prinzipien. Das bekannteste davon ist das sogenannte Riba-Verbot, das Geldzinsverbot: Niemand darf Zinsen für den bloßen Verleih von Geld verlangen. Ein weiteres ist die sogenannte Zakat, die landläufig als Almosenabgabe übersetzt wird. Die Zakat ist eine Steuer, mit der staatliche Stellen Bedürftige oder soziale Projekte finanzieren. Der dritte Grundpfeiler heißt Gharar: „Da geht’s darum, dass Verträge mit hochspekulativem Charakter verboten sind“, so El-Mogaddedi. Zudem sind Glücksspiele wie zum Beispiel die klassische Lotterie verboten: „Bei der klassischen Lotterie zahlen viele ein, aber nur einer gewinnt und der Rest guckt dumm in die Röhre. Von Abhängigkeiten und Spielsucht einmal ganz abgesehen.“ Und natürlich darf man nur in islamisch-konforme Unternehmungen investieren. „No-Go-Unternehmen“, wie El-Mogaddedi sie nennt, kommen aus den Bereichen Pornografie, Rüstung, Schweinefleisch und der alkoholverarbeitenden Industrie.

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Ein zentraler Punkt ist, dass alle islamischen Geschäfte sehr stark realwirtschaftlich verankert sein müssen, so El-Mogaddedi. Sprich, es sollten immer nur Sachen gekauft und verkauft werden, die auch existent sind, die man tatsächlich besitzt. Deswegen gibt es beim Islamic Banking auch keinen Kredit, keinen Geldzins und keine Spekulation. Geld muss immer einen realen Gegenwert haben.

Die erste islamische Bank in Deutschland, die Kuveyt Türk Bank, die im März 2015 eine Banklizenz erhalten hat, ist natürlich nicht nur offen für Muslime. El-Mogaddedi erzählt, dass Nicht-Muslime bei seiner Unternehmensberatung angerufen haben und gefragt haben: „Können wir da hingehen?“ Und er hat ihnen geantwortet: „Natürlich können Sie da hingehen! Keiner wird Sie am Eingang fragen, welcher Konfession Sie angehören. Da ist ja kein Körper-Scanner, wo Sie durchmarschieren, der bei Muslimen grün leuchtet, und bei Nicht-Muslimen rot.“ Ihre ersten drei Filialen wird die Kuveyt Türk Bank im Juli in Frankfurt, Mannheim und Berlin eröffnen, ein Kölner Standort soll bald folgen.

El-Mogaddedi glaubt, dass Ökonomie und Religion, beziehungsweise Ethik, fest zusammengehören. Der Islam bezeichne sich als Lebenskonzept, erklärt er, und darin spiele Ökonomie eine zentrale Rolle. „Ohne religiöse oder ethische Prinzipien können wir am Ende kein Gemeinwohl nach vorne bringen.“ Er hat zudem die Erfahrung gemacht, dass Islamic Banking ein guter Ansatz ist, um mit Leuten über das Thema Islam zu reden. Ihm ist es wichtig, eine Brücke zu bauen. „Die Leute sehen auch, dass ich nicht komplett von der Dattelpalme heruntergefallen bin.“ Im besten Fall würden sie im islamischen Finanzdenken ein logisches, nachvollziehbares Konzept sehen und sagen: Stimmt. Warum eigentlich nicht?

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